GEESTHACHT, HAMBURG | offener, zweistufiger Realisierungswettbewerb | 1. Preis | 2015
GEESTHACHT, HAMBURG | offener, zweistufiger Realisierungswettbewerb | 1. Preis | 2015
GEESTHACHT, HAMBURG | offener, zweistufiger Realisierungswettbewerb | 1. Preis | 2015
Matthias Seyfert, Dietmar Moser | Architekturbüro 1
Florian Dessl, Julia Haselsteiner
ENTWURFSKONZEPT
BESTANDSAUFNAHME | ZWEI SCHULEN
Die Bertha-von-Suttner-Schule in Geesthacht besteht aus zwei Gebäudekomplexen: Die ehemalige Realschule wurde in den Siebzigern gebaut und wird bisher weitgehend unverändert genutzt. Die ursprünglich für die Grund- und Hauptschule errichteten Gebäude aus verschiedenen Epochen wurden immer wieder umgebaut und saniert. Beide Schulen sind jeweils von Freianlagen umgeben, welche unabhängig voneinander angelegt wurden und an denen teilweise die Zeit ihre Spuren hinterlassen hat. Verbunden werden beide Komplexe über eine Rampentreppe. Der Gesamteindruck ist eine große Weitläufigkeit sowohl in positiver Sicht, weil Freiräume existieren, aber auch in negativer Sicht, weil ein gewisses Verlorensein bleibt. 2007 wurden die Schulen funktional zu einer Gesamtschule zusammengefasst. Nun soll die heterogene Anlage räumlich neu geordnet werden.
ENTWURFSKONZEPT | EINHEIT IN VIELFALT
Die Spange spannt den Bogen weit von der reinen Verbindung beider Hauptgebäude, über die räumliche Zusammenfassung des Außenraumes, bis zum einheitlichen Entree beider Schulteile. Derzeit sind beide Schulteile über einen Treppenweg verbunden. Diese Verbindung nimmt der Entwurf auf. Ein großzügiger Vorplatz spannt sich zwischen die Schulen. Mit durchschnittlich 4% Gefälle ist dieser moderat geneigt. Diese Neigung und die Weitläufigkeit des Ortes wird als Genius Loci begriffen und gezielt ausformuliert.
Der geneigte Vorplatz öffnet sich nach Osten zu den Sportflächen und der Erschließung. Nach Westen wird er durch die Spange begrenzt. So wird die Weitläufigkeit der Anlage auf den Vorplatz fokussiert. Gleichzeitig werden die Flächen im Westen introvertierter und können wieder Teil der Natur werden bzw. für spätere Erweiterungen frei bleiben. Der Vorplatz wird mit Bäumen, Sitztreppen, Rampen und Spielgeräten zum großen gemeinsamen Schulhof. Er ist das verbindende Element, er ist das neue Gesicht. Die neue Bertha-von-Suttner-Schule mit Gebäuden verschiedener Epochen findet eine vielsprachige Einheit.
SPANGE | DÖSSELBUSCHBERGSCHULE
Die Spange dockt im Norden an die ehemalige Realschule an. In dieser sollten die im Erdgeschoss zum Vorplatz orientierten Räume umstrukturiert werden, um die Schule Richtung Vorplatz zu öffnen. Ebenerdige Verbindung der Aula und des Cafés wird möglich, die Grenze zwischen Innen und Außen wird durchlässiger.
SPANGE | LERNLANDSCHAFT
Im nördlichen Teil der Spange ist die neue Lernlandschaft mit vier Klassenräumen, Gruppenraum und Multifunktionsraum eingeplant. Die Räume liegen auf einer Ebene. Sie werden von Rampen, Sitzstufen und Treppen umspielt und gegliedert. Die Verkehrsfläche bekommt so einen Mehrwert. Gleichzeitig wird die in der Vergangenheit vielfach praktizierte Abgeschlossenheit des Lernens in klar definierten Räumen mit einer neue Offenheit und Transparenz konfrontiert. Wobei die klar definierten Räume nicht gänzlich verschwinden, sondern durch offene Lernformen ergänzt werden. So sind die Klassenräume als Filter zwischen Außenklasse im Westen und Gruppenraum und Vorplatz im Osten zu verstehen. Türen und Fenstertüren verwandeln bei Bedarf den abgeschlossenen Klassenraum zur individuellen Lernlandschaft. Im Gruppenraum und Multifunktionsraum tragen zwei Zylinderstützen statisch, gliedern den Raum, werden über ein Oberlicht zu Lichtduschen, sind Rückzugsorte oder Versteck und tauchen im Gebäude und außen immer wieder auf.
SPANGE | LEHRER, VERWALTUNG
Weiter Richtung Süden folgt das Lehrerzimmer mit Überblick über die Lernlandschaft und die Büros der Verwaltung. Hier ist mit dem Schulbüro die gemeinsame Anlaufstelle beider Schulteile. Das Lehrerzimmer soll möglichst offen gestaltet werden, als Treffpunkt der Lehrer der gesamten Schule, verschmolzen mit dem Außenraum. Dies bedingt aber, dass es im Haus Rückzugs- und Arbeitszonen für die Lehrer gibt. Im weiteren Prozess wäre dies noch auszuformulieren.
SPANGE | FACHRÄUME
Es schließen die Trakte der Fachklassen an. Die eingeschossige Bebauung des Fachklassentraktes (Block A) wird umgebaut, Teile des Altbaus werden soweit als möglich für die neue Bebauung genutzt. Dies können die Fundamente, Grundleitungen und evtl. teilweise statische Konstruktionen wie Stützen und Decke sein. Auf jeden Fall sollte die Außenhaut erneuert werden, um bauklimatisch auf den aktuellen Stand zu kommen und die Einheitlichkeit der Spange zu schaffen.
SPANGE |MULTIFUNKTIONSERSCHLIESSUNG
Zum Platz orientiert liegt die Erschließung, welche dem Niveau des Platzes mit Treppen und Rampen folgt. Als Mehrwert wird die mit kleinen quadratischen Fenstern bestreute Außenwand angeboten. Diese Fenster sind Sitznischen, Miniausstellung, Zwergenversteck, usw. Die Erschließung bekommt Aufenthaltsqualität. Der lange Weg zwischen den Schulen wird zum attraktiven Ziel, beiläufige Kommunikation wird gefördert, Innen und Außen sind eng verknüpft.
VORPLATZ | FREIRAUM
Der Vorplatz verbindet beide Schulteile und wirkt bis in das Gebäudeinnere. Er wird liebevoll gestaltet. Drei Treffpunkte bei den Eingängen mit Sitzmöglichkeiten an runden Baumscheiben, Zylinderstützen mit Sitzbänken an der Innenseite und eine Vielzahl an Sitztreppen und Rampen bereichern diese Aktionsfläche. Der Vorplatz und die Spange bilden zusammen ein Element. Das Dach der Spange steht über die Fassade über, es entsteht ein gedeckter Bereich. Dieser wird um die Bestandsschulen herumgezogen. So ergibt sich das gewünschte Zusammenwachsen, sowohl gestalterisch als auch funktional. Die Wege innerhalb der Schule werden durch die Spange nicht kürzer und es bleiben weiterhin verschiedene Eingänge, aber die Wege werden attraktiver, vielfältiger und übersichtlicher.
STATISCHES KONZEPT | RAUMZONIERUNG
Die Konstruktion passt sich dem Spielerischen des Gebäudes an. Die Stützen stehen nicht im starren Raster, sondern werden dem Grundriss angepasst und wirken wie Baumstämme im Wald, zufällig verteilt. Ebenfalls stützend und auch aussteifend wirken acht Zylinderstützen. Diese zonieren den Grundriss, sind Rückzugszone und Treffpunkt, werden variiert innen wie außen eingesetzt. Das Dach wird als einfache Stahlbetondecke ausgeführt. Um Wärmebrücken und komplizierte Isokörbe über 120 Laufmeter zu vermeiden, wird der Übergang zwischen Innen und Außen doppelt gedämmt - einfach und effizient.
MATERIALITÄT | UNVERKRAMPFT NATÜRLICH
Es soll ein natürliches, unkompliziertes Gebäude entstehen. Die Bodenbeläge sind alle robust und beständig, aus Beton bzw. Asphalt. Durch Anschleifen der Oberfläche bekommen diese kalten Materialien die ihnen innewohnende Natürlichkeit zurück und werden zu edlem Stein mit warmen Farben. Die Wände werden weiß im Leichtbau vorzugsweise mit ökologischen Dämmstoffen ausgeführt. Die Decken werden offen installiert, wobei aufwendige Haustechnik auf das unbedingt notwendige Maß beschränkt wird. Großflächig wird die Decke mit schallschluckenden und preiswerten Material wie Heralan o.ä. belegt, so kann eine angenehm ruhige Akustik erreicht werden. Eine offene Holzlamellendecke verdeckt diese Installationsebene ohne den Zugang für Adaptierungen einzuschränken. Die Außenfassade wird aus hochgedämmten, wärmebrückenfreien, vorfabrizierten und damit preiswerten Holzsandwichfassade vorgehängt. Eine Holzverschalung aus senkrechten Brettern kleidet die Spange elegant. Der Dachüberstand verhindert direkte Beregnung und direkte Besonnung. Außen liegender, wartungsintensiver Sonnenschutz ist nicht notwendig.
NACHHALTIGKEIT | KUBATUR
Das Verhältnis von Bauwerkshülle zu Nutzfläche ist bei einer Kugel ideal und stellt das energetische Optimum dar. Die Bauaufgabe der Gebäudeverbindung zwingt zu einer eingeschossigen und von der Kugelform weit entfernten Lösung. Dieser auf den ersten Blick energetische Fauxpas, kehrt sich in sein Gegenteil, da es gelingt die Bestandsgebäude inhaltlich neu zu definieren und für die zukünftige Aufgaben fit zu machen. Nachhaltigkeit bedeutet in diesem Fall die Nutzungszeitraum der Gesamtschule wieder auf Start zu setzen.
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